Es mag verblüffend erscheinen, doch das gesprochene Wort spielt in Videobeiträgen eine genauso gewichtige Rolle wie das Bild selbst. Denn verstehen Zuschauer den Sprechertext eines Videos nicht beim ersten Hören, klicken sie weg. Eine Kurzanleitung zum Texten von Videos und worauf Unternehmen bei der Textabnahme achten sollten.

In meinen über 15 Jahren Tätigkeit im Bewegtbild-Bereich kam es immer wieder vor, dass Unternehmen Texte schickten, die sie als Drehbuch oder Sprechertext bezeichneten. Gerne auch wurden bei Drehbuchabnahmen Sprechertexte stark umformuliert, um den Sprachstil vermeintlich zu verbessern oder scheinbar fehlende Informationen zu ergänzen. In den allermeisten Fällen trug beides nicht zur Verbesserung und einem guten Ergebnis bei.

Die 3 häufigsten Fehler bei der Abnahme von Sprechertexten

Meistens machten Unternehmen bei der Abnahme des Sprechertextes für ein Unternehmensvideo die drei gleichen Fehler. Sie veränderten den Sprechertext in der Art, …

  1. dass der Text zu lang war für das vorgesehen Bild,
  2. dass der Text das beschrieb, was man im Bild sowieso sehen würde und vor allem,
  3. dass der Text in Schriftsprache formuliert war.

Warum die meisten Unternehme ähnliche Fehler in Ihren Abnahmen machten? Weil Sprechertexte für TV und Videos keine Texte sind, wie wir sie alle im Laufe unseres Lebens zu schreiben lernen. Texte für TV und Videos folgen eigenen Regeln!

Texte für TV und Video folgen nicht den stilistischen Regeln der Schriftsprache

TV-Texte und Texte für Videos müssen für das Hören geschrieben werden. Denn: Wir hören diese Texte, wir lesen sie nicht. Daher folgen TV-Texte auch nicht den stilistischen Regeln der Schriftsprache, sondern eigenen. Texte für TV und Video orientieren sich stark an der gesprochenen Sprache, die Formulierungen sollten einfach und prägnant sein. Salopp ausgedrückt: Im Sprechertext ist genau das gewünscht, was der Deutschlehrer im Aufsatz mit mangelhaft bewertet hätte.

Die goldene Regel: Beim ersten Hören verstehen

Ziel von Texten für TV und Video ist immer, dass der Zuschauer den Text beim ersten Hören versteht. Alles ordnet sich der goldenen Regel unter: Der Zuschauer muss den Text verstehen, wenn er diesen zum ersten Mal hört. Im Gegensatz zum normalen Gespräch, kann er hier nämlich nicht nachfragen. Und im Video zurückspulen, tut auch keiner gerne. Beachten Sie also Folgendes: Müssen Sie einen Satz in einem Drehbuch zwei Mal lesen, um diesen zu verstehen, dann funktioniert dieser für ein Video auf gar keinen Fall. Denn versteht der Zuschauer den Text beim ersten Hören nicht, verliert er den Anschluss, das Interesse, schaltet ab und klickt gnadenlos weg. Es gehört viel dazu, einen guten Sprechertext zu schreiben. Denn der Text steht nicht für sich allein, sondern immer in Kombination mit Bild und Tönen (atmosphärische Töne, O-Töne, Musik, Sounds etc.). Der Text interpretiert und begleitet das Bild. Text, Bild und Ton greifen ineinander und wirken miteinander. Bedenken Sie diesen Mehrklang, wenn Sie einen Sprechertext korrigieren.

Tipps für die Abnahme von Sprechertexten

Wenn Sie die folgenden Tipps berücksichtigen, was Sie bei der Umformulierung von Sprechertexten tun und was Sie lieber lassen sollten, vereinfachen und verkürzen Sie den Abnahmeprozess des Drehbuchs. Nehmen Sie sich die folgenden wichtigsten Do’s and Don’ts von Texten für TV und Video zu Herzen.

Fünf wichtige Do’s beim Texten für Videos

  1. Kurze, einfache Sätze verwenden: Als Faustregel gilt: Maximal 10 Wörter pro Satz. Ansonsten verliert der Zuschauer den Faden.
  2. Aktiv texten: Dies wirkt persönlich und vermittelt Nähe zur handelnden Person. Der Zuschauer ist dadurch stärker involviert und aufmerksamer.
  3. In mündlicher Sprache formulieren: TV-Texte werden nicht gelesen, sondern gehört. Deswegen sollten Sie Video-Texte so schreiben, wie Sie sprechen.
  4. Redundanzen und Wiederholung einsetzen: Dies gilt vor allem für Videos, die komplizierte Themen behandeln. Zuschauer sind nicht durchgehend aufmerksam. Durch Wiederholungen gehen Sie sicher, dass der Zuschauer die wichtigsten Botschaften erfassen kann.
  5. Sprachbilder nutzen: Die plastische Darstellung trägt zur besseren Verständlichkeit bei. Sie sollten aber keine abgedroschenen Sprachbilder verwendet, wie zum Beispiel „Spitze des Eisberges“, „Blechlawine“, „hermetisch abriegelt“, „fieberhaft suchen“, „auf Hochtouren“ u. ä. – gerade, weil jeder diese Sprachbilder regelmäßig in der Berichterstattung hört und deswegen Langeweile aufsteigen lassen könnten.

Fünf wichtige Don’ts beim Texten für Videos

Folgendes sollten Sie bitte NICHT tun und verwenden:

  1. „Man“-Formulierungen: Diese machen den Text unpersönlich.
  2. Viele Adjektive: Diese sind überflüssig, da die Eigenschaften, welche durch Adjektive beschriebenen werden, meistens sowieso im Bild zu sehen oder hören sind.
  3. Langsilbige Wörter und aufgeblähter Sprachstil: Beides könnte im Ohr des Zuschauers steckenbleiben. Zwei Beispiele: „Kostenaufwändig“ verschleiert den Umstand, dass etwas einfach nur „teuer“ ist. „Billig“ klingt doch irgendwie eingängiger als „preisreduziert“, oder?
  4. Nominalstil: Der Nominalstil verkompliziert Text. „Schaffung von neuen Arbeitsplätzen“ versteht der Zuschauer weniger gut, wie die Formulierung: „Neue Arbeitsplätze schaffen.“
  5. Verschachtelte Sätze und Einschübe: Der Deutschlehrer würde Schachtelsätze und kunstvolle Einschübe im Aufsatz loben. Doch TV-Zuschauer und Video-Konsumenten können schwer folgen, wenn Hauptsätze durch Nebensätze und Seitengedanken unterbrochen werden. Und ich spreche hier nicht von Bandwurmsätzen, wie wir sie von Thomas Mann und Heinrich von Kleist kennen, sondern von Einschüben, die aus wenigen Worten bestehen.

Quellen:

  • Kerstan, Peter: Der journalistische Film. Jetzt aber richtig. Bildsprache und Gestaltung.
  • Ordolff, Martin: Fernsehjournalismus.
  • Ordolff, Martin & Wachtel, Stefan: Texten für TV. Ein Leitfaden zu verständlichen Fernsehbeiträgen.